Melodie 1.0

 

Für die Komposition meiner Symphonie für 12 mechanischen Schreibmaschinen (Symphonie 1.0, 1997) hatte ich ein Vokabular von schreibmaschinenspezifischen Klängen und Geräuschen, sowie eine dazugehörige Notation entwickelt. Da mir die Schreibmaschine ein in der Kammermusik weiterhin zu Unrecht unterrepräsentiertes Instrument scheint, lag es nahe, deren wunderschönen Klang auch in Kombination mit traditionelleren Instrumenten einzusetzen. So entstand Melodie 1.0, vielmehr: verschiedene Versionen von Melodie 1.0.
Unglücklicherweise konnte bisher nur die Version für Grosses Orchester (die aus verschiedenen Gründen auf die Verwendung von Schreibmaschinen verzichten mußte) in einem Konzert realisiert werden.
Um so mehr ist Carlos Roggan und dem Janus-Ensemble zu danken, die es ermöglichen, daß die Melodie 1.0 nun endlich in der ursprünglich intendierten Version zu Gehör gebracht wird.

Geige und Cello umschmeicheln hierbei den eher herben, doch durchaus nicht unattraktiven Klang eines Modells, das hier den Solopart übernimmt. "In der Musik hat alles Platz, wofür auch in unserem Leben Platz ist: das Raffinierte lockt das Banale hervor, das Opulente verlangt nach dem Kargen, das Ernste kippt um in Lächerliches...und umgekehrt. Auch nur eines dieser Elemente auszuschließen, ist so, als ob man das Leben selbst ausschließt. Das Leben will nie ausschließlich einen Zustand, sondern ein Gleichgewicht möglichst vieler Zustände, die sich gegenseitig in ihrer Wirkung verstärken. Natürlich gibt es das wirkliche Verständnis des Ernsten überhaupt erst nur durch das wirkliche Verständnis des Banalen."
(aus: ATANASIO KHYRSH, "Manifest der Präsenz", S. 56) Moritz Eggert, 10.2.2000